JOMO (Joy of missing out) – wie digitales Fasten zum persönlichen Gewinn werden kann

Von FOMO (fear of missing out) hat spätestens seit der Corona-Pandemie jeder gehört. Hierbei handelt es sich um die Sorge, etwas zu verpassen, wenn man nicht permanent online und erreichbar ist. JOMO (joy of missing out) bezeichnet das Gegenteil von FOMO: Es bedeutet, dem nicht Erreichbar sein etwas Positives abzugewinnen und dies als bewusste Entscheidung und Bereicherung zu erleben. Ein wichtiger Aspekt in diesem Zusammenhang ist auch, auf permanente Vergleiche mit anderen, die sich etwa auf sozialen Medien präsentieren, bewusst zu verzichten und so bei sich und im Moment anzukommen.

Wie kommen Sie vom FOMO zum JOMO?

Kennen Sie das auch: Sie nehmen das Smartphone zur Hand, um in Ihrem Kalender zu schauen, was morgen zu tun ist. Da kommt eine WhatsApp Nachricht Ihrer Freundin rein, die ist natürlich wichtig und muss sofort beantwortet werden. Und wo Sie schon mal dabei sind, öffnen Sie die noch nicht gelesenen Nachrichten der anderen Kontakte. Da wurde Ihnen dann ein link zu YouTube oder Instagram (letzteres in meinen Augen ein besonderer Zeitfresser) gesendet, schon befinden Sie sich in der nächsten Anwendung, wo Sie im schlimmsten Fall für die nächste Stunde abtauchen. Ach ja, was wollten Sie noch mal tatsächlich machen, als Sie das Smartphone zur Hand nahmen …

Ohne Frage ist eine komplett analoge Welt heute nicht mehr vorstellbar (vielleicht bis auf wenige Urlaubsmomente bei manchen, wo man leider kein Netz hat und dies plötzlich als Bereicherung erleben kann) und auch nicht gewollt. Es geht nicht darum, die Angebote per se zu verteufeln, sondern vielmehr den inflationären und rein gewohnheitsmäßigen Gebrauch noch einmal zu überdenken. Denn, was haben Sie wirklich jemals an Wesentlichem verpasst, wenn Sie für einen gewissen Zeitraum digital nicht erreichbar waren?

Was Sie tun können, um mehr Ruhe zu finden und wie Sie dieses Unterfangen am besten starten?

Der Urlaub ist ein guter Zeitpunkt, um mit digitalem Detox zu beginnen, da die notwendige Bildschirmzeit ohnehin geringer ist und weniger alltägliche Routinen (auf die Uhr gucken und  Termine checken müssen, auf Nachrichten antworten) anfallen. Zudem gibt es mehr alternative Beschäftigungsoptionen. Teilen Sie Freunden und Familie vor dem Urlaub mit, dass Sie sich digital zurückziehen werden, man sich also nicht wundern solle, falls man in den nächsten Wochen nichts bzw. weniger von Ihnen hört. Damit sind  Sie erstmal nicht mehr in der Bringpflicht, sich melden zu müssen.

Was anfangen mit der neugewonnenen Zeit? Ersatz ist besser als Verzicht

Im nächsten Schritt ist es wichtig, sich alternative Aktivitäten zu suchen und auch ruhig erstmal ein bisschen zu planen, denn die wenigsten halten dann direkt das radikale Nichtstun aus. Zudem sollte das digitale Detox (wie beim Fasten eben) nicht als Verzicht erlebt werden, denn dann fehlt Ihnen etwas und das fühlt sich nicht gut an. Machen Sie sich bewusst, dass Ihr digitales Fasten Ihr Wohlbefinden langfristig verbessern wird und zu Ihrer Gesunderhaltung beiträgt. Permanentes Hin- und herwechseln zwischen verschiedenen Medien, Endgeräten und Anwendungen ist anstrengend. Es erfordert, permanent Entscheidungen zu treffen und die Konzentration auf immer wieder neu auszurichten. Dieses Tun ist mit Energieverlust verbunden. Wenn wir überall gleichzeitig sind und nirgendwo richtig, verlieren wir den Blick für das Wesentliche und werden unzufrieden. Erleben wir dies als Stress, sinkt die Konzentrations- und Merkfähigkeit und wir machen Fehler.

Tatsächlich können wir ausschließlich den gegenwärtigen Moment nutzen. Beim digitalen Detox erfahren Sie also, wie bereichernd und entspannend es sein kann, sich im Moment ausschließlich einer Sache zu widmen und uns selber wieder mehr zu spüren als nur auf Nachrichten zu reagieren, was mit Suchtpotenzial und innerer Leere einhergehen kann, weil wir immer wieder den push von außen brauchen.

Wie können Sie das digitale Detox im Alltag etablieren?

Ganz geht es wie gesagt nicht, aber die zwölf folgenden Tipps können helfen, ein bisschen achtsamer zu bleiben:

  1. „Reinigen“ Sie Ihre Geräte, fragen Sie sich, welche Programme und Apps Sie wirklich benötigen, die anderen deinstallieren Sie. Entfolgen Sie Instagram-Accounts und deabonnieren Sie YouTube-Kanäle, die Sie nerven oder nicht mehr interessieren. Auch solche, bei denen Sie im Vergleich immer schlechter abschneiden, tun auf Dauer nicht gut. Überlegen Sie, wie viele Streaming Abos Sie wirklich benötigen.
  2. Deaktivieren Sie Messages und Push-Benachrichtigungen, dann wenden Sie sich diesen zu, wenn es für Sie passt, anstatt permanent aus Aktivitäten herausgerissen zu werden.
  3. Nutzen Sie die Anwendungen instrumentell statt habituell, suchen Sie sich z.B. eine Serie aus, die Sie gerne schauen möchten und definieren Sie vorher, wie viele Folgen es am jeweiligen Abend sein sollen. Dann schauen Sie evtl. noch eine Folge mehr, aber nicht die ganze Serie auf einmal.
  4. Definieren Sie Zeiträume, in denen Apps wie z.B. Instagram  nutzen, in der anderen Zeit wenden Sie sich konzentriert den geplanten Tätigkeiten zu.
  5. Entfernen Sie nicht notwendige Geräte aus bestimmten Räumen, etwa aus dem Schlafzimmer. Erleben Sie, wie Sie besser schlafen können.
  6. Aus den Augen, aus dem Sinn: Legen Sie Ihr Handy, wenn Sie anderweitig beschäftigt sind außerhalb Sichtweite, um weniger abgelenkt zu werden.
  7. Geben Sie Zeiten an, in denen Sie telefonisch erreichbar sind. Stellen Sie das Handy zu den anderen Zeiten auf stumm.
  8. Nutzen Sie für Arbeit und Freizeit zwei separate Handys und stellen Sie das Arbeitshandy nach Feierabend aus. Informieren Sie die Kollegen, bis wann Sie erreichbar sind.
  9. Beantworten Sie Mails (falls nicht irgendetwas ganz dringlich sein sollte) nur zu festen Zeiten, z.B. zu Beginn der Arbeit und noch einmal am Nachmittag. Schließen Sie das Mailprogramm zu den anderen Zeiten, um nicht abgelenkt zu werden.
  10. Erstellen Sie sich eine to-do-Liste mit nicht digitalen Aktivitäten wie Sport, Natur, Kultur, Spiele, Kulinarik, Familie und anderen soziale Kontakten, Meditation usw., für die Sie sich bewusst Zeit nehmen.
  11. Meditieren Sie. In der Konzentration auf Ihre Atmung und Ihre Sinne beginnen Sie, sich und den jeweiligen Moment bewusster zu erleben. Sie können Ihre Achtsamkeit z.B. auch auf eine Mahlzeit oder einen Spaziergang übertragen, indem Sie diese(n) ohne weitere Beschäftigung (wie z.B. Serien schauen oder ins Handy gucken) bewusst genießen.
  12. Schreiben Sie Tagebuch: Wann waren Sie heute in welchen Situationen so richtig präsent und bei sich? Wie haben Sie das mit Ihren Sinnen erfasst, was haben Sie gehört, gesehen, gespürt usw. … Wie hat sich das angefühlt?

Was Sie von digitalem Detox erwarten dürfen?

deep meditation open mind

Mehr Achtsamkeit, mehr innere Ruhe, mehr mit sich selbst in Kontakt kommen, mehr Klarheit, weniger Stress, mehr Zeit für verloren Gegangenes oder Neues und Raum für Kreativitität. Hört sich gut an, oder? Wann sind Sie reif für JOMO?