Arbeiten bis zum Umfallen – was ist interessierte Selbstgefährdung?

Viele Menschen fühlen sich heute bezogen auf ihren Job sehr unter Druck. Sie gehen ins Büro, obwohl sie krank sind. Sie machen kaum Pausen. Sie arbeiten länger, als der Vertrag es vorsieht. Oft steckt dahinter die Sorge um den Verlust des Arbeitsplatzes. Und den meisten Arbeitnehmern ist es durchaus bewusst, dass sie ihre Gesundheit durch ihr Verhalten strapazieren.

Was bedeutet „interessierte Selbstgefährdung“?

Wissenschaftler sprechen in diesem Zusammenhang von „interessierter Selbstgefährdung.“ Interessiert meint hier, dass der Arbeitnehmer erfolgreich tätig sein möchte, im Endeffekt, um seinen Arbeitsplatz zu sichern. Aber er tut es häufig auf Kosten der Gesundheit. Ursächlich für diese Entwicklung sind indirekte Steuerungssysteme in Unternehmen. Während der wirtschaftliche Erfolg früher ausschließlich in der Veran-twortung der Manager lag, wird er jetzt zur unternehmerischen Verantwortung des Beschäftigten. Zielvereinbarungen und Kennzahlen genauso wie Eigenorganisation von Arbeitszeit und -inhalten erhöhen den Erfolgsdruck maßgeblich. Der Abbau von Arbeitplätzen steigert den Konkurrenzdruck genauso wie die Globalisierung.

Der Beschäftigte findet sich in einer Doppelrolle wieder: Er ist einerseits abhängig beschäftigt und hat nur einen begrenzten Handlungs- und Entscheidungsspielraum. Andererseits wird er verantwortlich gemacht für den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens. Diese Entwicklung hat durchaus ihre Vorteile. Mitarbeiter können ihre Potenziale besser entfalten anstatt nur Arbeitsaufträge entgegenzunehmen und abzuarbeiten.

Welche Rolle spielt die Führungskultur?

Letztlich ist der Erfolg indirekter Steuerungssysteme abhängig von der Führungskultur im Unternehmen. Kommunikation sollte transparent sein, Mitarbeitern sollte es möglich sein, ehrlich mit ihren Vorgesetzten sprechen zu können, ohne direkt den Verlust des Arbeitplatzes fürchten zu müssen. Im Idealfall sollten sie an der Gestaltung von Arbeitsplatz und Arbeitsprozessen beteiligt werden. Auch ein funktionierendes betriebliches Gesundheitsmanagement ist wichtig, um die Mitarbeiter gesund zu halten.

Anzeichen für interessierte Selbstgefährdung

  • Krank zur Arbeit gehen
  • nach Krankheit auf Reha verzichten zugunsten der Arbeit
  • auf Arztbesuche verzichten
  • ein schlechtes Gewissen haben, wenn man krank ist
  • auf Urlaub verzichten zugunsten der Arbeit
  • deutlich länger als vertraglich festgelegt arbeiten
  • keine Pausen machen
  • zuhause weiterarbeiten, am Wochenende arbeiten
  • in der Freizeit auf ausgleichende Aktivitäten verzichten
  • die Familie wegen der Arbeit vernachlässigen
  • freiwillige Mehrarbeit verschweigen
  • Leistungseinschränkungen verschweigen
  • Doping für die Arbeit (Kaffee, leistungsfördernde Medikamente)
  • Beruhigungs- und Schlafmittel

Können Sie eine oder mehrere diese Verhaltensweisen bei sich beobachten? Stressbewältigung im Rahmen eines Coachings oder eines Präventionsseminars (letzteres wird von den gesetzlichen Krankenkassen bezuschusst) kann helfen, berufliche Anforderungen mit Ihrer Gesundheit wieder in Einklang zu bringen.