Kann man sich selbst umarmen? Und wenn ja, was soll das bringen? Also, rein körperlich gesehen ist es tatsächlich möglich, die Arme auf die gegenüberliegenden Schultern zu legen und sich festzuhalten. Vielleicht hast Du es schon mal gemacht oder probierst es gerade mal aus. Beobachte mal, was Du dabei spürst.
Aber wofür soll das gut sein? Wir wissen, wie es sich anfühlt, wenn uns jemand anders umarmt und uns auf diese Weise Mitgefühl entgegenbringt. Oder umgekehrt wir einem Menschen durch Berührung Zuneigung ausdrücken oder ihn trösten. Diese Berührungen führen zur Ausschüttung des Bindungshormons Oxytocin, wie schon beim Baby, wenn die Mutter es hält. Ob klein oder groß, damit gehen Gefühle von Beruhigung und Entspannung einher.
Der innere Kritiker wird durch Selbstmitgefühl in der Psychotherapie besänftigt
In der Psychotherapie wird heute viel am Selbstmitgefühl gearbeitet, etwa wenn negative Glaubenssätze wie ‚ich bin nicht gut genug‘ oder ‚ich bin nichts wert‘ die Klientinnen und Klienten antreiben und die Stimme des inneren Kritikers sehr laut wird: ‚Ruh Dich nicht aus‘, ‚streng Dich mehr an‘ usw., wer kennt das nicht. Und dann geht es darum, sich selbst gegenüber verständnisvoller zu werden, liebevoller mit sich umzugehen, um psychischen Problemen etwa bei Ängsten oder Depressionen mehr Lebensfreude und Leichtigkeit entgegenzusetzen.
Wie Du lernst, Dich zu akzeptieren: Sei freundlich zu Dir selbst
Diese Arbeit muss nicht ausschließlich auf der intellektuellen Ebene stattfinden. Und Selbstmitgefühl kann man sich auch geben, wenn man nicht unbedingt therapiebedürftig ist, sondern einen freundlicheren Umgang mit sich praktizieren möchte.
Die Studie von Serena Chan belegt die positive Wirkung selbstmitfühlender Berührungen
Tatsächlich ist die positive Wirkung von selbstmitfühlenden Berührungen in einer Studie der amerikanischen Sozialpsychologin Serena Chan bestätigt worden. Teilnehmer wurden angewiesen, sich über einen Zeitraum von einem Monat nur 20 Sekunden täglich selbst mitfühlend zu berühren. Das Ergebnis ist erstaunlich. Die Teilnehmer, die sich auf diese Weise emotional versorgten, fühlten sich weniger ängstlich, gereizt oder depressiv als die Kontrollgruppe.
Man kann auch die Hände aufs Herz legen oder sich selbst das Gesicht streicheln. Probiere es aus. Vielleicht kannst Du etwas Zeit am Tag dafür einplanen. Denn Verbesserungen der psychischen Befindlichkeit beginnen nicht nur im Kopf, sondern oft damit, sich selber mehr zu spüren, mit den unmittelbaren Sinneswahrnehmungen im Hier und Jetzt.