Neulich habe ich mal wieder eine Domführung besucht (und mich gefragt, warum ich das als Kölnerin nicht häufiger tue, zumal ich täglich mindestens zweimal am Dom vorbeilaufe). Was mich an diesem Bauwerk jenseits von Kirche und Glauben fasziniert ist, dass der Dom lebt – und für ganz wichtige Werte des Menschseins steht.
Der Dom lebt!

Im Kölner Dom sind über die Zeit seit Baubeginn im Jahr 1248 unglaublich viele Geschichten versammelt und tatsächlich teilweise auch in Stein gemeißelt (so wie z.B. der Geißbock des 1.FC Köln oder eine Skulptur des ehemaligen Hüttenmeisters mit Handy in der Hand) und vieles mehr, so dass man immer wieder Neues entdecken kann.
300 Jahre ruhte der Weiterbau des Doms zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert (ca. 1560 – 1842), und das aus verschiedenen Gründen: Kriege fanden statt. Es fehlte am nötigen Geld, die Gotik war als Baustil nicht mehr modern, genauso wenig wie die Reliquienverehrung und nicht zuletzt war der vier Meter große Plan für die beiden Türme und das Mittelteil verloren gegangen. Ohne Internet, Fotografie und Kope gab es daher wohl gar keine Idee, wie der Dom letztlich zuende gebaut werden könne. Glücklicherweise wurde dieser Plan in zwei Teilen in einem Gasthaus in Darmstadt (dort wurden wohl Bohnen drauf getrocknet) und in Paris wiedergefunden.
Unglaublich finde ich die Vorstellung, dass sich Menschen am Bau des Doms in dem Bewusstsein beteiligten, dass sie dessen Vollendung, also insbesondere die Fertigstellung der beiden großen Türme, aufgrund der noch bevorstehenden langen Bauzeit nicht mehr miterleben würden.

Der Dom steht für Gemeinschaft
Sich dennoch verpflichtet zu fühlen und trotzdem bereit zu sein, sich gemeinschaftlich und mit voller Kraft zu engagieren, auch wenn man die Lorbeeren nicht mehr ernten wird, anstatt glänzen und Beifall erheischen zu wollen, ausschließlich hedonistisch zu konsumieren, das sind Fähigkeiten, die vielen heute abhanden gekommen sind. Zudem verdeutlicht der Dom die Notwendigkeit von Gemeinschaft genauso wie von Verbundenheit. Ein Mensch allein kann solch ein Wunderwerk nicht erschaffen. So viele Gewerke sind notwendig von der Planung bis zur Fertigstellung (aber eigentlich ist immer etwas zu renovieren oder restaurieren). Da muss man sich aufeinander verlassen können.
Tatsächlich steht der Dom für mich daher für Verbundenheit, etwa wenn ich erfahre, dass die Feuerwehrleute in den Bombennächten des 2. Weltkriegs täglich ihr Leben riskierten, weil sie ich bei Fliegeralarm auf dem Dach versammelten, um etwaige Brände sofort löschen zu können (und der Dom wurde häufiger getroffen, als es in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird).
Verbundenheit – elementar wichtig für psychische und körperliche Gesundheit
Wir wissen heute aus der psychologischen Forschung, dass Verbindung mit und Verbundenheit zu Anderen zu den elementarsten menschlichen Bedürfnissen gehören. Ohne Verbundenheit werden wir unglücklich, einsam, tatsächlich körperlich krank und leben kürzer. Das gilt es zu verhindern und es gibt immer Wege raus aus der Einsamkeit und in die Gemeinschaft.
Ich wünsche Ihnen entspannte Feiertage und einen guten Rutsch mit allen, denen sie sich verbunden fühlen und die dazu beitragen, dass Sie ein Leben in Fülle und Zufriedenheit leben können, genauso wie Sie das für andere tun.
Und: Besuchen Sie mal eine Domdachführung! Nur ein bißchen Kondition ist notwendig, der Aufzug ist nämlich gerade kaputt 😉