Von der Schwierigkeit, ein gutes Buch zu verfilmen
Ein verfilmtes Buch ist immer ein gewagtes Unterfangen. Die Bilder, die man sich im Kopf gemacht hat beim Lesen, werden häufig in Filmen nicht so umgesetzt, wie sich der Zuschauer es wünscht. Die Folge ist ein enttäuschender Kinoabend. Seit ein paar Wochen läuft ’22‘ Bahnen nun schon im Kino, eine Produktion mit der Geschichte des Bestsellers von Caroline Wahl, den ich bereits auf meinem Blog und im Newsletter vorgestellt habe. Mit entsprechender Skepsis und niedrigen Erwartungen habe ich mir den Film angeschaut.
Das Ergebnis: Kinofreude auf der ganzen Linie
Ich war wie gesagt ziemlich skeptisch. Und da haben wir es mal wieder, je geringer die Erwartungen, desto größer die Freude. Aber daneben war es bei der Verfilmung von ’22 Bahnen‘ die Umsetzung selbst. Ich habe noch nie einen Film gesehen, der so nach an der Buchvorlage geblieben ist. Das gilt sowohl für die Protagonist(inn)en, als auch für die Orte (das Schwimmbad, die Wohnung, das Hochhaus) und das Gefühl, dass an diesen Orten bei mir erzeugt wurde. Ob es der Moment ist, wenn Tilda nach Hause kommt und nicht weiß, ob sie eine Mutter erwartet, die gerade Radieschenröschchen schneidet für ein gemeinsames Essen oder betrunken in der Ecke liegt oder das Hin und Her in der Annäherung an ihre erste große Liebe Viktor, es fühlte sich so an wie beim Lesen.
Daher zeichnet der Film die Psychologie der Belastung von Kindern mit Eltern, die wie in diesem Fall alkoholkrank sind genauso nach wie das Buch und ist aus meiner Perspektive eine Bereicherung, auch wenn man das Buch bereits gelesen hat.
Foto: Bettina Fromm (Caroline Wahl auf der Litcologne 2025)